Freitag, 30. Juni 2006
Zum Kurs "Instrumente des Wissensmanagements" im Allgemeinen
Zum Kurs im Allgemeinen

Zunächst einmal möchte ich es nicht unterlassen, Frau Prof. Dr. Andrea Back und Herrn David Mayrhofer ein Dankeschön für den interessanten Kurs auszusprechen. Der Kurs vermittelt interessante Aspekte der Instrumente des Wissensmanagement, wobei der Schwerpunkt auf E-Collaboration Tools liegt. Der Kurs ist im Übrigen auch für Leute geeignet, die noch keinerlei Erfahrungen mit solchen Instrumenten haben; und insbesondere für mich stellte er eine tolle Abwechslung zu den juristischen Fächern dar.

Einige Mitstudierende haben gemeint, dass der Kurs für zwei Credits zu viel Aufwand mit sich bringt (vgl. hierzu z.B. Philipps Ausführungen). So wurde vorgeschlagen, etwas mehr Inhalt hinzuzufügen und dafür vier Credits zu vergeben. Im Grossen und Ganzen wäre dies ein Vorschlag, den ich unterstützen würde. Beispielsweise könnte man hinsichtlich der schriftlichen Arbeit die bestehende Erfordernisse beibehalten; eine Kürzung erscheint mir nicht besonders sinnvoll, denn in der jetzigen Ausgestaltung – die Arbeit muss einen Toolvergleich, eine Beschreibung der zentralen Funktionen und eine Best Practice Analyse beinhalten – wurde eine gute Mischung zwischen Theorie (Toolvergleich und Funktionendefinition) und Praxisbezug (Best Practice Analyse) gefunden. Man könnte allerdings die theoretischen Inputs ein wenig weiter ausbauen (vielleicht mehr theoretische Grundlagen bringen, etwas mehr über Portale erzählen, einen Vergleich mit nichtwebbasierten Instrumente des Wissensmanagements machen, die Entwicklungsgeschichte behandeln), die Blogeinträge vielleicht etwas stärker gewichten und die Präsentation der Arbeit mit einer kleinen mündlichen (flexiblen) Gruppenprüfung (im Sinne eines Diskurses und Reflexion zwischen geprüfter Gruppe und Dozentin) verbinden. Dann wären m.E. vier Credits durchaus gerechtfertigt. Allerdings ist klar, dass der endgültige Entscheid über die Änderung der Gewichtung und Struktur eines Kurses nicht bei den Dozierenden selbst, sondern bei der Verwaltung der Universität liegt…

Feststellen durfte ich auch, dass die Bereitstellung der Unterrichtsunterlagen durch Lotus Notes Datenbanken eigentlich mehr Sinn macht als über das Studynet, zumal man die Datenbanken replizieren kann. Ob das Studynet nun vom System her geeignet entwickelt worden ist, möchte ich jetzt einmal dahingestellt lassen; was aber schon ein wesentlicher Nachteil darstellt, ist die Tatsache, dass man die einzelnen Dokumente und Lehrinhalte nicht replizieren oder synchronisieren kann. Will man auf diese auch ohne Internetverbindung zugreifen, so muss man jedes Dokument einzeln herunterladen (um Dokumente hochzuladen, reichen die Zugriffsberechtigungen der Studierenden nicht), was sehr aufwendig ist. Mit Lotus Domino/Notes repliziert man einfach die gesamte Datenbank; die einzelnen Inhalte werden dann automatisch hoch-/runtergeladen.

Zum Einsatz von Lerntagebücher im Besonderen

Dass der Einsatz eines Lerntagebuchs den Studienerfolg zu steigern vermag, ist m.E. unbestritten. Dies haben zudem verschiedene Studien bewiesen. Lerntagebücher unterstützen nämlich die Selbstorganisation und die Lernreflexion eines Studierenden, welche ihrerseits in direkter Korrelation mit dem Studienerfolg eines Studierenden (vgl. hierzu Gutzwiller, Jentsch & Loder, 2005). Die Frage stellt sich nun, ob Weblogs als Lerntagebücher eingesetzt werden sollten. Fraglich ist ferner, ob Lerntagebücher genauso viel Nutzen Stiften wie bspw. in Microsoft Word erstellte Zusammenfassungen, wenn man vom Erstellungsaufwand ausgeht.

Als Lerntagebuch eignen sich Weblogs insoweit, als dass mit ihnen einerseits Quellen für zukünftige Arbeiten gesammelt werden kann, und andererseits aber auch das im Unterricht bereits Gelernte zusammengefasst und strukturiert werden kann. Der Einsatz von Weblogs als Lerntagebuch ist insbesondere bei dessen Verwednung innerhalb eines Lernkreises oder einer Studentengruppierung durch mehrere Mitglieder sinnvoll; der Grund liegt darin, dass hierbei dem Gedanken des Aufbaus eines Netzwerkes Rechnung getragen wird. Stangl (o.D.) sieht den Nutzen von Weblogs weniger in der Weitergabe von kodifiziertem Wissen; Weblogs sind dann effektive Lernhilfen, wenn Lernen mehr "als Konversation und Bedeutungsstiftung der Lernenden verstanden wird". Sinn- und Zwecklos ist der Einsatz von webbasierten Lerntagebücher jedenfalls dann, wenn diese nur unregelmässig, unstrukturiert oder auch für andere Zwecke verwendet werden.

Gegenüber gewöhnlichen Lerntagebücher (z.B. durch Zeitplanungsinstrumenten oder einfachen (nicht-webbasierten) Datenbanken) weist die Verwendung von Weblogs als Lerntagebuch verschiedene Vor- und Nachteile, die ich in einem früheren Beitrag schon erörtert habe. Es schadet indes nicht, diese an dieser Stelle nochmals zu wiederholen.

a) Vorteile:
  1. Durch dein Einsatz eines Blogsystems besteht der Anreiz, das im Unterricht aufgenommene nochmals aktiv zu rekapitulieren und zusammenzufassen. Der Anreiz kann insbesondere dann verstärkt werden, wenn die einzelnen Posts von Lehrpersonen benotet werden.
  2. Weblogs bieten die Möglichkeit, das Gelernte mit anderen Internetusern zu teilen. Hierbei ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass Wissen dann besonders wertvoll ist, wenn es mit anderen Personen geteilt werden kann.
  3. Ein Weblog weist, sofern es als gemeinsames Lerntagebuch benutzt wird, metakommunikative Merkmale auf: Den einzelnen Teilnehmern werden die bisherigen Lern- und Arbeitsfortschritte bewusst gemacht (Stangl, o.D.).
  4. Dank der öffentlichen Kommentarfunktion einzelner Einträge kann ein Dozent oder eine Dozentin den Studierenden in ihrem Lerntagebuch regelmässig Feedbacks geben.
  5. Weblogs bieten die Möglichkeit zur Vernetzung: Denkbar wäre, dass verschiedene Studierende ihre Zusammenfassungen über bestimmte Themengebiete miteinander verlinken und im Hinblick auf eine Prüfungsvorbereitung den Vorteil haben, auf mehrere Zusammenfassungen, die möglicherweise den Schwergewicht auf verschiedene Themenpunkte legen, zugreifen zu können.
    Webbasierende Lerntagebücher lassen sich vergleichen; somit geben sie dem einzelnen Studierenden die Möglichkeit, seinen Lernstand mit demjenigen eines Kommilitonen oder einer Kommilitonin zu vergleichen.
  6. Weblogs eignen sich hervorragend für die Ergebnispräsentation von Dokumentation von Studienarbeiten (Stangl, o.D.).
b) Nachteile:
  1. Weblogs lassen sich aufgrund ihrer öffentlichen Kommentarfunktion oftmals leicht für Spamwerbung missbrauchen. Häuft sich auf einem Weblog die Anzahl unerwünschten Beiträge, so geht die Übersicht verloren.
  2. Es besteht die Gefahr, dass das persönlich Aufgearbeitete von Drittpersonen ohne Quellenangabe verwendet wird.
  3. Kritisch ist auch das Publizieren von Abbildungen, Tabellen u.ä. aus Lehrbücher, weil dadurch unter gewissen Voraussetzungen Copyrights verletzt werden.
  4. Die aufgrund der Benotung einzelner Blogeinträge entstehende Pflicht, Lehrinhalte in einem Blog zu publizieren, kann bei den einzelnen Studierenden zu erhöhtem Stress und zu Missmut führen.
Aus dem Gesagten wird ersichtlich, dass nicht ohne Abwägung für oder gegen den Einsatz von Weblogs Partei ergriffen werden kann. Werden Weblogs als Lerntagebücher eingesetzt, kann man durchaus profitieren, muss aber auch einige Gefahren berücksichtigen. In conclusio bietet sich der Einsatz immer dann ein, wenn mehrere Leute parallel innerhalb eines Lernteams oder innerhalb einer virtuellen Gruppe (kann auch universitätsübergreifend sein) Lernweblogs schreiben und diese gegenseitig verlinken oder wenn andere Personen, welche eine Ahnung von den im Weblog erörterten Thematiken haben, auf den Weblog zugreifen. Allerdings stellte sich bei unserem Kurs heraus, dass dies ohne aktive Werbung des Blogs kaum je der Fall ist. Somit muss man sich berechtigterweise fragen, wieso dann die eigenen Gedanken über die vermittelten Unterrichts öffentlich geschalten werden sollten bzw. – unabhängig vom Aspekt der Öffentlichkeit gesehen – die Inhalte des Lerntagebuch nicht einfach mit Microsoft Word geschrieben und verwaltet werden.

Was die Öffentlichkeit betrifft, so bin ich der Ansicht, dass es evtl. besser sein kann, Blogs innerhalb eines Intranets zu betreiben, die Inhalte also nur einer bestimmten Benutzergruppe zugänglich zu machen. Dies ist insbesondere in Unternehmen, welche Wissen aufbauen und dieses über Weblogs den Mitarbeitenden kommunizieren, aber unternehmensintern behalten wollen, wichtig. Die Publizierung von Weblog-Beiträgen wäre dann mit dem Wissensschutz nicht vereinbar. Gleiches kann man auf Universitäten anwenden: Da das zentrale Element auch hier das Wissen bildet, sei es auch nicht geheim und anderweitig öffentlich zugänglich, könnte man sich überlegen, ob man sich eben dieses Wissen nicht innerhalb des eigenen Lernteams behalten möchte. Diese Frage stellt sich umso mehr, wenn verschiedene Teams während ihres Studiums Gruppenarbeiten über eine bestimmte Fragestellung machen müssen, und mehrere Teams dieselbe Fallstellung behandeln müssen. Zwar muss dem Argument, dass gemeinsam alle Gruppen über Wissensaustausch mehr Wissen zusammentragen und dieses besser bearbeiten können, Rechnung getragen werden. In casu concreto ist dies hingegen nicht das Ziel, da in einer solchen Konstellation die einzelnen Teams in direkter Konkurrenz stehen, werden die einzelnen Arbeiten doch oftmals zwecks Notensetzung von den Dozenten unter den Teams verglichen. Schädlich wäre es da, würde ein Team die Forschungsergebnisse und erarbeiteten Konzepte öffentlich kommunizieren und dadurch den anderen Teams zugänglich machen. Diese würden von den Ergebnissen und Konzepten dieses Team ohne weiteres profitieren könnten; das erste Team hingegen hat keinen Zugriff auf die Ergebnisse bzw. Konzepte der anderen Teams.

Zudem bleibt zu beachten, dass Lerninhalte dort besser nicht öffentlich kommuniziert bleiben, wo eindeutige Quellenangaben fehlen (was in studentischen Blogs – leider – oftmals der Fall ist).

Im oben angesprochen Kurs waren die Kursteilnehmer verpflichtet, ein ebensolches Lernblog zu betreiben, wobei jeder Studierende wöchentlich einen Eintrag über die jeweils gehörte Lehrveranstaltung schreiben musste. Unbestritten ist, dass die in den Präsenzveranstaltungen vermittelten Inhalte besser gelernt wurden, da sie für den wöchentlichen Eintrag rekapituliert werden mussten. Allerdings wäre dies auch der Fall gewesen, hätte man sich den Stoff z.B. in Microsoft Word zusammengefasst – so wie ich es jeweils zu tun pflege. Dabei hätte man den Stoff auch quellengetreuer und besser strukturiert festhalten können. Bei einem Weblogeintrag gehören schliesslich immer eine Einleitung und Übergangssätze zwischen den einzelnen Gedanken dazu, was in einer Zusammenfassung weggelassen werden kann. Eigene Zusammenfassungen fallen somit viel prägnanter, evtl. auch viel detaillierter und quellengetreuer aus. Meines Erachtens bieten sich deshalb Zusammenfassungen (anstelle Reflexionen und Berichte) vor allem dort an, wo der Unterrichtsstoff auswendig gelernt werden muss. Zugegebenermassen war dies im Kurs nicht das eigentliche Ziel. Hier ging es vielmehr darum, die Inhalte zu reflektieren, sich Gedanken darüber zu machen, als Definitionen eins zu eins wiedergeben zu können. Indes sind viele Fächer an der Universität (noch) darauf ausgerichtet, das der Unterrichtsstoff auswendig gelernt werden muss. Ob dies sinnvoll ist oder nicht, ist eine andere Frage, doch das Erfordernis, den Stoff auswendig zu können, ist – leider – noch eine Tatsache. Somit erachte ich es in den meisten Fächern nicht als sinnvoll, Lerntagebücher zu schreiben (es sei denn zwecks der Selbstorganisation und Selbstmotivation, nicht aber, um Inhalte zu lernen!) und greife lieber auf das Erstellen konventioneller Zusammenfassungen zurück. Weblogs bieten hierzu einfach nicht die gleichen Möglichkeiten wie etwa Dokumente, die mit Microsoft Word erstellt werden. So lassen sich die Dokumente nur nach Datum und Kategorien ordnen, und auch die Druckmöglichkeiten sind beschränkt. Am meisten Einbussen müssen aber bei der Formatierung hingenommen werden: Während in Microsoft Word sich ganz leicht und ohne grossen Aufwand Tabellen und Grafiken erstellen bzw. einfügen lassen ,ist der Aufwand bei Weblogs doch erheblich grösser.

Was spräche dagegen, im Kurs "Werkzeuge des Wissensmanagement" jeden Studierenden einen Wiki erstellen lassen, indem er sein Wissen in solchen Systemen sammelt und strukturiert? Allerdings bliebe den Dozenten (und auch den Mitstudierenden) dann nicht mehr die Möglichkeit, Kommentare zu verfassen.

Persönliche Anmerkungen

Das Erstellen der Blogbeiträge empfand ich als zeitaufwändig, keinesfalls aber als Belastung (wie beispielsweise Andreas schreibt). Hätte es eine (mündliche oder schriftliche) Prüfung gegeben und wäre das Führen eines Lern-Weblogs nicht Teil des Kurses gewesen, hätte ich die Inhalte (wie in anderen Fächern) in Microsoft Word-Dokumenten zusammengefasst, mit welchem ich auch bezüglich Gliederung (ich spreche hier vor allen Dingen die Möglichkeit, Titel auf verschiedenen Gliederungsebenen zu erstellen) gehabt hätte. Sehr interessant scheint mir aber die Möglichkeit, ein Lernwiki einzurichten. Im Übrigen habe ich für meine Gruppe in Wirtschaftsstrafrecht und Staatslehre (in beiden Kursen habe ich das gleiche Team) einen erweiterten virtuellen Teamraum eingerichtet (für den Austausch von Dokumenten, Sammlung von Daten und für die Führung von Diskussionen), und alle haben grosse Freude daran. Als Belohnung habe ich nun Zugriff auf alle Zusammenfassungen sämtlicher Zugriffsberechtigter.

Bleibt nur noch darauf hinzuweisen, dass, wer möchte, weiterhin von mir lesen kann, und zwar auf meiner persönlichen Website.

Quellen

Gutzwiller, R., Jentsch, V. & Loder, A. (2005). Zusammenhänge und Spannungsfelder eines erfolgreichen Bachelorstudiums. Unveröffentlichte Seminararbeit. St.Gallen.
Stangl, W. (o.D.). Weblogs, Blogs als Werkzeuge für selbstorganisiertes Lernen. Gefunden am 28.04.2006 unter http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNTECHNIK/Weblogs.shtml

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