Sonntag, 14. Mai 2006
5. und 6. Veranstaltung: Conferencing Software: Theoretische Grundlagen
Definition von Conferencing Software

Unter "Web Conferencing Software" ist eine Software gemeint, die es ermöglicht, zwei oder mehreren (räumlich getrennten) Personen über das Internet oder über ein Netzwerk Meetings oder Livekonferenzen abzuhalten (vgl. auch die Erläuterungen bei Wikipedia). Jeder Teilnehmer sitzt hierzu an seinem Rechner und ist über das Internet/firmeninterne Netzwerk mit den anderen Benutzern über die Web Conferencing Applikation verbunden. Erforderlich ist neben einer Netzwerkverbindung das Vorhandensein von Lautsprecher/Kopfhörer und Mikrofon bei allen Teilnehmern (i.d.R. wird ein Headset benutzt werden). Sobald sich die Benutzer in die Anwendung eingeloggt haben, werden sie von der Software auf der Teilnehmerliste angezeigt, so dass der Moderator sehen kann, wer an der Präsentation bzw. an der Konferenz teilnimmt. Der Moderator führt die Präsentation durch und kann den einzelnen Teilnehmern Wortmelderechte geben, wenn diese Fragen stellen möchten oder einen Teil der Präsentation erläutern sollen.

Funktionalität von Conferencing Software am Beispiel von Centra 7

Centra ist ein webbasiertes Instrument, mit welchem Onlinepräsentationen und -meetings durchgeführt bzw. abgehalten werden können. Eingesetzt werden kann Centra sowohl im beruflichen wie auch im schulischen Alltag (aufgrund des hohen Preises und auch wegen den gewöhnlichen Anwendungsgebiete der Software – wer hält denn privat Konferenzen? – dürfte diese kaum je im privaten Gebrauch eingesetzt werden).

Centra 7 bietet eine Vielzahl von Werkzeuge, die ein Moderator oder eine Moderatorin in der Webkonferenz einsetzen kann. Dazu gehören:

a) "Normaler" Präsentationsmodus: Über die grösste Zeit einer Präsentation dürfte der Moderator die von ihm zuvor erstellten Folien durchgehen und über Voice Chat Erläuterungen abgeben. Die Folien können über Microsoft PowerPoint erstellt werden; sie werden anschliessend von Centra über ein Zusatztool namens "AgendaBuilder" in JPEG, GIF oder HTML – wahlweise in der Größe 480 x 640 oder 600 x 800 – konvertiert und importiert. Einzelne Bilder, HTML-Seiten oder TXT-Seiten können zusätzlich hochgeladen werden.

Der Moderator führt also durch die einzelnen Folien, kann aber den Teilnehmenden Fragen stellen, die sie mit "ja" oder "nein" beantworten können (z.B. "Haben Sie hierzu noch Fragen?"). Die Teilnehmenden können ihrerseits sich durch Handaufhalten, durch Gelächter oder durch Applaus bemerkbar machen, dem Moderator mittels Text Chat eine Mitteilung schicken oder ein anonymes Feedback geben (z.B. "Es geht mir zu langsam!").

Hat ein Teilnehmer eine Frage, wird er dies durch Handaufheben sichtbar machen (oder auf die Nachfrage des Moderators, ob jemand eine Frage habe, mit "ja" antworten). Dem Teilnehmer wird dann vom Moderator das Wort erteilt.

b) Whiteboard: Ein wichtiges Feature, das sich insbesondere für ein Brainstorming hervorragend einsetzten lässt, ist das Whiteboard. Dieses ist eine Art weisse Zeichenfläche, auf der jeder Teilnehmer – sofern ihm hierzu das Recht vom Moderator eingeräumt worden ist – Skizzen, Symbole, Linien, Pfeile, Textfelder etc. erstellen kann. Der Teilnehmer kann aber nicht nur eigene Elemente erstellen, sondern auch die von anderen Teilnehmenden erstellten Elemente modifizieren, verschieben und löschen. Das Whiteboard stellt somit eine Art virtuelle Wandtafel dar (oder eben ein Whiteboard), während die Teilnehmer die Schüler sind, die mit Kreiden und Schwamm/Tuch augestattet sind und ihre Gedanken auf der Wandtafel festhalten.

c) Application Sharing (und Web Safari): Application Sharing meint "gemeinsames und gleichzeitiges Arbeiten in einem Anwendungsprogramm […] durch mehrere Personen, deren Rechner auf elektronischem Weg (Telekooperation, Videokonferenz) miteinander verbunden sind" (Best Practice Xperts [BPX], o.D.; vgl. ferner die Ausführungen bei Wikipedia). Mittels Application Sharing kann der Moderator ein neues Programm starten und die gestartete Anwendung den Teilnehmenden sichtbar machen. Möglich ist auch, den Konferenzteilnehmer Zugriffsrechte auf das Programm einzuräumen, so dass nicht nur der Moderator, sondern auch die Teilnehmer mit dem Programm aktiv arbeiten können. Dies ist dann beispielsweise sinnvoll, wenn mehrere Personen an einem Glossar in einem Microsoft Word-Dokument arbeiten. Zu beachten bleibt allerdings, dass, wenn zu viele Anwender simultan auf eine Software zugreifen, der Rechner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überlastet und gegebenenfalls gar abstürzen wird.

Der Begriff "Web Safari" meint in Centra einfach das gemeinsame Browsen durch das Internet.

d) Umfragen: Der Moderator hat die Möglichkeit, vor der Präsentation mittels dem AgendaBuilder Umfragen vorzubereiten oder während der Präsentation neue Umfragen zu erstellen und diese von den Konferenzanwesenden ausfüllen zu lassen (z.B. "Wann wollt ihr eine Pause? – 10.00 Uhr; 10.30 Uhr; 11.00 Uhr"). Sofern aber reine Ja-/Nein-Fragen vorliegen, können diese von den Teilnehmenden auch ohne Umfrage über die Ja-/Nein-Meldung beantwortet werden.

e) Test/Kontrollfragen: Mittels Kontrollfragen kann der Moderator prüfen, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die behandelten Inhalte auch wirklich verstanden haben. Als Textfragen können grundsätzlich Multiple Choice Fragen, Lückefüll-Fragen und offene Fragen verwendet werden. Strittig ist, inwieweit Arbeitgeber auf die Testergebnisse ihrer Arbeitnehmer abstützen können. Grundsätzlich verhält es sich aus rechtlicher Sicht so, dass es einem Arbeitgeber jederzeit offen steht, die Arbeitnehmer zu testen (analog verhält es sich mit Bewertungsbögen, welche die Vorgesetzten über die ihnen unterstellten Arbeitnehmer ausfüllen). Centra bietet die Möglichkeit, dass die Testergebnisse der Konferenzteilnehmer gespeichert werden und jedem Teilnehmenden seine richtigen oder falschen Antworten zugeordnet werden. Ganz eine andere rechtliche Frage ist es dann, ob aus den Testergebnissen abgeleitete Massnahmen zulässig sind (es sei darauf hingewiesen, dass gemäss Art. 319 ff. OR vom Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung, nicht aber eine Leistungsfähigkeit oder ein Intelligenzlevel an sich oder – daraus abgeleitet – einbestimmtes Testresultat vertraglich geschuldet ist).

f) Textchat: An der Konferenz bzw. Präsentation Teilnehmende können den Moderatoren oder allen Teilnehmern über den Textchat kurze Mitteilungen schicken. Private Mitteilungen von einem Benutzer an einen anderen Benutzer sind nur möglich, wenn der Moderator dies erlaubt.

g) Playback: Die Konferenz oder Präsentation lässt sich aufzeichnen und kann dann von den nicht-teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem späteren Zeitpunkt abgespielt werden. Mit Centra beträgt die Grösse einer 90-minütigen Konferenz (mit Folien und Voice Chat, ohne Video) unter 10 MB.

saba Centra 7

Abbildung: Das Whiteboard von Centra (Quelle: vconference.de)

Andere Web Conferencing Systeme bieten zusätzlich noch andere Features an, wie etwa die Möglichkeit eines File Sharing (so z.B. Macromedia Breeze). Zu Macromedia Breeze gibt's übrigens eine ganz interessante Demo.

Anwendungsgebiete

Nachdem oben dargetan wurde, welche Funktionalitäten Web Conferencing Applications bieten, stellt sich nun die Frage, in welchen Gebieten eine solche Software eingesetzt werden soll. Nantel (2004) zeigt mehrere Geschäftsbedürfnisse auf, die mit Hilfe von Web Conferencing Software oder Virtual Classroom Applications befriedigt werden können:
 
  • Online-Learning und Schulung der Mitarbeiter
  • Information von Vertriebsmitarbeitenden
  • Kommunikation, indem die Konferenz aufgezeichnet wird und den nicht-anwesenden Teilnehmern zum Replay zur Verfügung gestellt wird
  • Erfassung und Handhabung von Wissen
  • Brainstorming
  • Teamwork (z.B. über Application Sharing)

Links zu berühmten Web Conferencing Tools
 
Andere Links

vconference.de: Internetplattform mit Zugang zu Centra 7.

Quellen

Best Practice Xperts [BPX]. (o.D.). Glossar «A». Gefunden am 14. Mai 2006 unter http://www.bpx.ch/glossar/glossar_a.htm
Nantel, R. (2004). Live E-Learning 2004. Virtual Classrooms, Synchronous Tools, and Web Conferencing Systems. Gefunden am 14. Mai 2006 unter http://www.brandon-hall.com/publications/lel/lel.pdf

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Vorbildlich seriös
Wieder vorbildlich, z.B. die Zitierweise, auch Quellenhinweis bei der Abbildung - ich beobachte, dass dies immer häufiger von Studierenden unterlassen wird, insb. bei ppt-Präsentationen. Interessant war für mich der Hinweis, dass der Arbeitgeber jederzeit Mitarbeiter "testen" kann.

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